Gedanken

On social media

„Schatz, ich habe das Internet gelöscht!“ … und ich Facebook, äh, nein, nur mich dort.

Seit Oktober 2010 war ich dort und was habe ich eifrig geteilt, alles, wirklich viel, zu Beginn mein komplettes Lauftraining, hatte angenommen ich könnte mir darüber eine zweite Existenz als Lauftrainer aufbauen. Später entstanden Laufgruppen „Laufen mit Freu(n)den in München“ dort, man startet zu fünft, schnell waren es 150, jetzt komplett anonyme 3800. Mehrere Jahre habe ich die Facebook-Seiten vom Verein und vom Lauf-Trainingsanbieter administriert. Stunden habe ich investiert, Stunden. Habe Stunden damit verbracht auf Marathons und Laufveranstaltungen 600-1500+ Bilder je zu schießen, um anschließend ähnlich lange alle durchzuschauen und dann auf Facebook hochzuladen, später auf meine eigene Photo-Seite tiefenschaerfen.de. Ein Dank bekam ich stets dafür, mehr aber nicht. Was hätte ich in diesen Stunden auch selber alles trainieren oder wieder selber Marathon laufen können, Wahnsinn! Stuuunden waren es, Stunden an Monotonie, an Rumhetzen von A nach B nach C und danach Sitzen, Sitzen, Sitzen. Ich hätte laufen können, selber laufen, … egal, es hat ja auch Spaß gemacht und andere Menschen haben sich drüber gefreut.

Warum nun mein Entschluss nach fast 10 Jahren auf dieser Plattform ihr den Rücken zu kehren? Nun, aktiv poste ich dort eh seit zwei Jahren nicht mehr dort – genauso wenig wie ich noch Fernsehen schaue. Ich möchte meine Leben nicht mit Werbung verbringen, für die Dinge, die ich nicht brauche oder mit denen ich andere Menschen beeindrucken soll, die ich garnicht kenne oder ich auch das Geld für diese Dinge garnicht habe. Facebook ist ein reiner Werbekanal geworden. Punkt. Selbiges machen sie gerade auch mit Instagram – was sehr schade ist und WhatsApp wird zu Instagram, mit diesem Story-Posten dort. Alles ist alles und man hat alles überall.

Ich stelle mir immer mehr die Frage bei Dingen, die ich anschaffen möchte: Bringt es zusätzlichen Wert in mein Leben? Selbiges bei Aktivitäten – bringt es Wert in mein Leben? Bei Facebook ist der Wert sogar erheblich negativ geworden, da man Stunden an Lebenszeit dort verschwenden kann, man hat den Drang ständig dort nachschauen zu müssen – die eigene Arbeit leidet – und eine normale Diskussion zu einem Thema ist nicht mehr möglich. Hat man keine Mainstream-Meinung, sondern möchte eine andere vertreten – egal welche – wird man sofort angegriffen, als dumm bezeichnet und defamiert. Im übrigen egal von wem und auch komplett egal welches politisches Lager. Der „Über“-Bürger ist da sogar noch am aggressivsten. Diskussion gerne, aber wenn selbst in einem MMA-Käfig fairer mit einander umgegangen wird, dann Nein Danke. Ebenfalls geben einem die beiden Bücher „Digital Minimalism“ und „Deep Work“ vom US-Computerwissenschaften Professor Cal Newport zu denken und haben mich angereget, immer nach dem Wert von etwas fragen, was in mein Leben kommen soll. Dazu gehör auch zu hinterfragen, wie ungestört und wirklich komplett nicht abgelenkt produktiv arbeiten möglich ist und nein, dazu zählt nicht der Ort Großraumbüro.

Lustig ist im übrigen die Entstehungsgeschichte von Facebook, mit Quelle Wikipedia:

„Im Jahr 2003 entwickelte Mark Zuckerberg die Website facemash.com, den Vorgänger von Facebook, während seines Studiums der Psychologie und Informatik an der Harvard University. Es handelte sich um ein aufgrund von Protesten nur wenige Tage öffentliches Bewertungssystem für das Aussehen von Frauen. Zuckerberg stellte Fotos von Studentinnen ohne deren Erlaubnis ins Internet und forderte die Besucher der Seite auf, von jeweils zwei zufällig ausgewählten Fotos das attraktivere zu wählen. Facebook in seiner heutigen Form besteht seit Frühjahr 2004. In Harvard war die webbasierte Version der offiziellen, gedruckten Jahrbücher aufgrund von Bedenken im Bereich Datenschutz nur langsam in Gang gekommen. Das erweiterte Konzept verbreitete sich über die Ivy-League-Universitäten und anschließend weltweit. …“ Gebt einem Nerd Langeweile und er wird kreativ, man muss schmunzeln. Weiterentwickelt wurde die eigentlich Idee jetzt ja quasi zu Tinder … „Soziale Netzwerke“ eben.

Etwas Wert gibt mir aktuell – noch, da Instagram auch zu einem reinen Werbekanal wird – noch Instagram-Posts aus meinem Leben, täglich ein Bild und Kamera-Motiv-Aufnahmen von mir. Die Entstehungsgeschichte ist hier zumindest etwas rühmlicher. Im Jahr 2009 als der Apple-App-iPhone-Store noch fast jungfräulich war, stellte der US-Action-Sport-Fotograf Chase Jarvis (Buchempfehlung: „Creative Calling“) die App „Best Camera“ dort zur Verfügung. Idee: Du brauchst keine exorbitant teuere Ausrüstung, sondern den Blick in deinem Kopf für ein gutes, lebendes Bild, mit Wert und nutzt das häufig dabei habende iPhone. Das Bild teilst du dann in der App und andere können es ebenfalls sehen – Ziel war teilen, Kreativität teilen. Drei Jahre später wurde der spätere Hauptkonkurent Instagram, bei dem zwei Entwickler Jarvis Idee sehr deutlich „übernommen“ hatten, für eine Billionen Dollar von Facebook gekauft und wurde richtig groß und Marktführer. … es entwickelt sich weiter jetzt und ich will es eben im eigentlichen Sinne nutzen: Kreativität teilen!

Steve Jobs wollte beim iPhone ja eigentlich auch nur ein iPod mit Telefonie-Möglichkeit haben. Was ist es heute? Wenn man die meisten Menschen im Alltag so sieht, ist es unser zweites Gehirn geworden – bei vielen das primäre. Gute Nacht, ich bin raus – aus Facebook und mein iPhone wird immer mehr zum iPod mit Telefonie-Möglichkeit und immer weniger Apps drauf. Und die die noch drauf sind, haben – wie Cal Newport es sehr gut darlegt – durch ihren wirklichen Nutzen auch einen Sinn dort … und nicht weil das eigentlich Gehirn keine Langweile mehr aushalten kann und ständig und immer Ablenkung braucht.

Kein Schönreden, dem Gehirn an Bushaltestelle oder in Ubahn wirklich Leerlauf zu geben und nicht der Gewohnheit nachzugeben das iPhone zu zücken, ist hart und es bedarf wieder Gewohnheitstraining der Wiederabgewöhnung – Tim Ferriss und Co lassen grüßen.

Das Leben findet draußen statt und das Gehirn ist zwischen den eigenen beiden Ohren.