Gedanken

On Freiheit

Ein Leben ohne Freiheit ist kein schönes Leben. Mauern grenzt sie ein. Es gibt verschiedene – manchmal sind es offen gesetzte Grenzen, manchmal verdeckt gesetzt durch nicht kommunizierte Erwartungen und dann sind es auch mal welche nur im eigenen Kopf. Im Leben anzukommen impliziert häufig ein direktes Sehen dieser Grenzen und Mauern, ein weiterer Schritt ist dann, sie zu verstehen und ihre Herkunft zu erkennen. Ein unguter Mechanismus ist hier, dass sie nicht alleine und immer nur in Selbstreflexion verstanden werden und erst recht nicht zusammen mit den Menschen, die sie gesetzt haben. Hilfreich sind Menschen, die zuhören und einen emotional halten können – was nicht viel können und man im Gespräch bei dir bleibt und nicht immer seine eigenen Bedürfnis in den Vordergrund gezogen werden.

Reflexion kann auch durch Schreiben von statten gehen. Max Frisch sagte schon, “ Schreiben heißt sich selber lesen.“ Die bekannte US amerikanische Schreibtrainerin Julia Cameron nennt es ein Gespräch mit dem Leben und müssen wir zu diesem Gespräch und ganze Aufmerksamkeit und unsere Bereitschaft uns überraschen zu lassen, mitbringen. Autor vom wunderbaren Buch „Vom Ende der Einsamkeit“ Benedict Wells stellt fest, dass er Dinge nicht sagen, sondern nur schreiben konnte. „Denn wenn ich rede, dann dachte ich, und wenn ich schrieb, fühlte ich.“ Manchmal ist es einfach die Zeit. In einem Gespräch muss man mitunter schnell sein, sonst fällt einem der andere sofort ins Wort und erzählt dann ewig von sich, anstatt zuzuhören. Da darf dann keine Pause sein zwischen den eigenen Sätzen, beim Schreiben ist ein sich immer wieder reinschleichendes Träumen inkludiert, ein Fühlen in sich selbst und dann gibt es Sprudelphasen, wo – wie Katherine May es nennt – Schreiben fast etwas von einem Wettlauf mit dem eigenen Kopf hat und die Hand Mühe hat der Flut von Gedanken mitzuhalten. Auch ist es ein nach Hause kommen zu sich selbst oder auch mal das eigene Leben zu verdauen.

Eigene Mauern im Kopf oder im eigenen Körper eingesperrte Traumata als Überlebensreaktion auf krass überfordernde Situationen bauen zum Beispiel Räume mit verschlossenen Türen. Grenzen und Mauern sind stetig da und das häufig unbewusst. Ein Öffnen dieser Türen oder ein vorsichtiges daran Lauschen ist eben manchmal nur in Ruhe und viel Fühlen in einem Schreibvorgang möglich. Der Berliner Essayist Daniel Schreiber nennt es wunderschön: „Beim Schreiben öffne ich Türen in meinem Inneren, die ich vielleicht schon einmal geöffnet, danach aber mit Nachdruck wieder geschlossen habe.“ Ein Blick in diese Räume eröffnet einen neuen Blick, ein kleines Stück mehr Raum im eigenen Leben, ja fast etwas mehr Freiheit.

Je mehr Räume, Mauern und Grenzen es im eigenen Leben gibt, desto „enger“ ist das Leben, Lebensfreude fehlt und Freiheit hat einen Beigeschmack von Gefahr. Sie sperren einen ein. … und gleichzeitig geben all diese Dinge auch so viel Halt, Struktur und Sicherheit. So absurd es klingt, aber es ist gewohnt, es ist normal, es ist sicher. „Ist nicht in uns allen ein tiefes Bedürfnis nach mehr Freiheit – und zugleich die scheinbar so gegenteilige Sehnsucht nach Aufgehobensein und Geborgenheit.“ fast es Schreitrainer Jürgen vom Scheidt fast einfühlsam zusammen zu einer Ambivalenz.

Kann es ein Aufgehobensein und Geborgenheit geben mit nur wenig Mauern? Fallen Mauern und bin ich gleichzeitig in der Lage meine eigenen Grenzen zu kenne und zu setzen, dann kommt Freiheit … verliere ich dann jegliches Aufgehobensein und Geborgenheit? Nicht unbedingt.

Sie werden anders sein, mit weniger Gefühl von Eingesperrstsein, selbstbestimmter und ein Atmen ist leichter. Der Deutsche Rapper nannte sein Leben wie ein „Atmen unter Wasser“ und trifft es recht gut. Vielleicht passt hier ein Bild, dass ich nicht mehr regelmäßig andere unter Wasser nach einer neuer Sauerstoffflasche anbetteln muss, sondern kann über Wasser, auf der Wasseroberfläche selber atmen. Ich sehe die Sonne, spüre den Wellengang, sehe den Himmel kann mit Schwimmen wirklich vorwärts kommen. Natürlich bin ich hier zunächst mal alleine und einsam und beides. Doch es gibt die Chance, dass durch Wahl einer Richtung und etwas Krafteinsatz man andere „Aufgetauchte“ findet, u. U. die Küste findet und gemeinsam Zeit mit anderen Menschen verbringen kann und vielleicht ein „echtes“ Aufgehobensein und Geborgenheit findet – in einer Freiheit. Es ist eine selbstbestimmte Freiheit.

Bekomme ich Freiheit nur als Belohnung für Gehorsam ist sie keine Freiheit, sondern Dressur. Sie ist eh etwas ohne Bewertung und ohne Ziel, ein sich selbst ausdrücken. Ein Spielen in Freiheit ist eines ohne pädagogischen Überbau und Bewertung – Sinnfreiheit pur! Grenzen sind vorhanden, sie müssen vorhanden sein, aber ich setze sie selber, achte auf ihre Einhaltung, ich spüre sie und justiere sie auch nach. Diese „neuen“ Grenzen sind nicht starr wie Mauern aus Stein, ein bisschen leben sie.

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