Geschichten

Bobby-Luisa und der Aufbruch

Eine Weile lebten Bobby-Louisa und Franz nun schon auf der Koppel vom alten Bauern mit dem Heuschober und den immer wieder hochkommenden schönen Erinnerungen an Josef, dem Alten Gaul. Zeit ist vergangen seit seinem Tod und der Beerdigung im Wald auf der Lichtung. Immer wieder waren sie dort gewesen, nicht häufig, aber immer wieder. Manchmal kam eine Sehnsucht hoch, sie schauten sich an und gingen dann schweigend in den Wald zu dem Findling, auf dem kein Name stand. Eine schöne Lichtung war es und ab und zu fehlte er ihnen. Es gab die Koppel, es gab seinen Platz … aber dennoch hatten beide das Gefühl, dass sie nach etwas, etwas weiterem schauen müssten. Dieser sich immer wie ein Zuhause anfühlender Ort der Koppel wird ihnen immer bleiben. Ein unbewusstes, unklares Gefühl des Aufbruchs war in Ihnen langsam stärker geworden und war deutlich spürbar.

Wäre da nur nicht die Angst vor dem Ungewissen. Sie würden hier alles hinter sich lassen, was würde aus der Koppel werden, aus dem Heuschober, aus Josefs Platz? Eine Gewissheit hätten sie hier zumindest, der Förster hatte ihnen zugesagt, dass er alles so lassen würde, die Koppel würde jetzt der Forstverwaltung gehören und unter Umständen würden mal wieder Pferde auf die Koppel kommen, weiterhin bestehen würde sie aber. Sie beide könnten jederzeit zurückkommen und dort wieder leben. Es tat gut ein Zuhause zu haben, eines was fast dazu geworden war, doch was wird kommen? Wo werden sie hinwandern? Was werden sie erleben? Werden sie irgendwie, irgendwo irgendwann an einem Ort ankommen?

„Übergänge sind Lebensphasen, in denen wir verunsichert sind und uns instabil fühlen, aber zuweilen auch ungeahnte Kräfte entwickeln.“ [1] Denn „Irgendwie fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an, ich warte nicht mehr lang, Liebe wird aus Mut gemacht, denk nicht lange nach, wir fahr’n auf Feuerrädern Richtung Zukunft durch die Nacht.“ [2]

Die Kinder der Familie von Bobby-Luisa hatten dieses Lied oft gehört und laut mitgesungen, sie kannten jede Zeile. Als die Welt damals noch in Ordnung war, fand der Fobster den Text irgendwie nicht gut, denn er hatte das Gefühl, dass es ihm genau hier und jetzt auf diese Art gut ginge. Er wolle den Moment, den Augenblick im hier und jetzt genießen und nicht immer in einem Sehnen nach etwas anderem zerfließen. Jetzt und heute sieht er den Text etwas anders, es war zwar alles gut hier auf der Koppel, aber die Sehnsucht ist da. Vielleicht ist da irgendwie irgendwann irgendwo etwas anderes, etwas was ihm mehr das Gefühl eines Zuhauses gibt. Erfahren würde er es nie, wenn sie nicht wandern. Den Ort hier verlassen. Ein Abenteuer beginnen. Mut aufbringen und vielleicht eine Liebe finden.

„Sie setzen ihren Fuß in die Luft, und sie trug. Mit nur einer Rose als Stütze. In Übergangszeiten wächst der Boden, auf den wir unsere Füße setzen können, mit jedem behutsamen Schritt, den wir gehen. Es sind unsere Schritte ins Ungewisse, die ihn wachsen lassen. In solchen Zeiten haben wir keinen Erfahrungshintergrund, vor dem wir für die Zukunft planen könnten, und wir sind mehr denn je darauf angewiesen, den gegenwärtigen Augenblick und seine Möglichkeiten ernst zu nehmen. Die Zukunft, die uns erwartet, steht noch nicht fest, aber jede Erfahrung, die wir jetzt machen, gibt uns eine neue Grundlage. Unsere Gegenwart ist die Rose, auf die wir uns stützen können. Sie ist kein glatter Boden aus Beton, aber sie duftet mit einer unvergleichlichen Intensität.“ [1]

Sie wanderten am nächsten Morgen los.

[1] Natalie Knapp, Der unendliche Augenblick
[2] Songwriter: Nena – Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann // Joern-uwe Fahrenkrog-petersen, Carlo Karges

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